Donnerstag, 10. Mai 2007

Zwischen Elite und Künstlern

Man sollte meinen, dass ein Gymnasium, dass für sich den Namen "Hölty" - seines Zeichen Künstler - beansprucht, auch dementsprechend die Künste fördert. Nun ist es aber so, dass seit der neuen Oberstufenverordnung jener Zweig, der für Kunst und Musik vorgesehen ist, zwar angeboten werden kann, aber nicht angeboten werden muss. Nun fühlten sich die führenden Etagen dieses Gymnasiums aber zu elitär, um solch einen Zweig anzubieten und das, obwohl genügend Schüler diesen wählten und somit alle Bedingungen erfüllt wären. Dies sei allerdings zu kostspielig. Und überhaupt: hier ist nur Platz für die Elite und da gehören querdenkende Künstler nun einmal nicht dazu. Die können gerne woanders hingehen.
Eine Entscheidung, die für so einige Schüler fatal ist: der Großteil derer, die den Zweig wählten, müssten, sofern dieser nun nicht zustande kommt, wahlweise entweder die 11. Klasse wiederholen und darauf hoffen, dass sie nächstes Jahr mehr Glück haben, oder in eine andere Stadt auf eine andere Schule gehen. Dass dies für viele dieser Schüler starke soziale Belastungen mit sich bringt, schien der Schulleitung relativ egal zu sein.
"Sie haben bis Montag Zeit, zum Sprachlichen oder zum Naturwissenschaftlichen Schwerpunkt umzuwählen. Gesellschaftswissenschaftlich ist voll. Wenn Sie das nicht wollen, können Sie euch ja schon mal nach einer neuen Schule umsehen. Sie müssen ja schließlich nicht hierbleiben.", so der Kommentar des Oberstudiendirektors, als sich die ersten Schüler beschwerten.
Es folgten Beschwerden zuhauf. Auf Direktor und Oberstudienrat wurde eingeredet, engagierte SchülerInnen gingen in der Schule herum und sammelten Unterschriften und es ging in die Planung zu einer Protestaktion, bis man schließlich damit abgespeist wurde, dass sich da "eventuell noch ein Kompromiss aushandeln lassen könne" und, dass es Neuwahlen geben werde, in denen der komplette Jahrgang nochmal komplett neu das eigene Profil wählen wird.
Doch wäre es äußerst gutgläubig und naiv, nun einfach darauf zu vertrauen. Dazu kennt man die Führungsetage dieses Gymnasiums zu gut.
So fand heute jene geplante Protestaktion statt, an der sich zahlreiche Schüler beteiligten. Mit Parolen wie "Wir wollen Kunst. Wir wollen Musik." und "Habt ihr unsere Zweige satt, machen wir das Hölty platt." setzte sich eine Menschenmasse in Bewegung und führte eine Art Sitzstreik vor dem Lehrerzimmer durch, der teils auch bei den Lehrern auf Zustimmung traf, aber auch von vielen - inklusive der Rumkugel, die sich "Hausmeister" schimpft - eher negativ und als Belästigung angesehen wurde. Der eigentliche, wichtigere Teil der Aktion, nämlich der kollektive Gang zum Sekretariat bzw. zum Büro des Direktors, blieb aus, da genau am heutigen Tage die Nachprüfungen für das Abitur in eben jener Etage stattfanden: Schlecht organisiert, aber kann man nichts machen.
Es fanden anschließend noch Gespräche mit der Schulleitung statt, die ergaben, dass es finanzielle Probleme gebe, besagte Zweige anzubieten. Jedoch wäre es dann möglich, sowohl Kunst, als auch Musik als Schwerpunkt anzubieten, wenn man jeweils einen Lehrer finden würde, der den 4-Stündigen Kurs übernimmt, jedoch sich nur 2 Stunden berechnen lässt: Ausbeutung auf miesestem Nieveau.
Eine andere, eher unwahrscheinlichere Lösung, wäre es angeblich, die Kurse der anderen Profile so umzustrukturieren, dass man jeweils 2 Kurse zu einem zusammenlegen könne (,wodurch man so eine jeweilige Kursstärke von knapp 40 Schülern hätte - alles andere als gute Lernvorraussetzungen). Dann wäre es möglich, die dort eingesparten Stunden für die Schwerpunktkurse zu verwenden, ohne finanziellen Verlust zu machen.
Dass eine solche Einstellung, in keinem Fall einem Gymnasium dieser Größe gerecht wird, dürfte klar sein. Geld darf nicht wichtiger als die Bildung sein. Und so zitiere ich einen Lehrer dieser Schule: "Wollen Sie meine Meinung dazu hören? Ich finde, es ist ein Unding, dass eine Schule wie diese, es nicht auf die Reihe bekommt, die volle Bandbreite an Kursen anzubieten!"
Wie das Ganze weiterverläuft, wird sich die nächsten Tage zeigen. Man kann nur hoffen und sich natürlich, wo es nur möglich ist, dafür einsetzen, dass diesen Schülern nicht unnötig ihr Leben schwerer gemacht wird.

provinzgeflüster

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